4. Dezember – Chang Mai

Ich verbringe die Fahrt nach Chang Mai mit dem was ich am besten kann: schlafen. Hach, dieses hin und her des Wagons, das sonore Tacken der Gleise. Innerhalb von Sekundenbruchteilen bin ich seelig eingeschlummert. Nichtmal Kleinkinder schlummern so tief. Dafuer traeume ich den groessten Bockmist. Hier eine kleine Kostprobe: New York in den Gruenderjahren, italienisches Einwandererviertel. Katjas Vater besitzt einen kleinen Kraemerladen in little Italy und muss sich von Katja zu recht fragen lassen, ob ein Geschaeftseingang im 6. Stock, der zudem nur ueber eine klapprige Leiter zu erreichen ist, nicht etwas verbesserungswuerdig sei. Im Hinterzimmer fuehren ihr Bruder und dessen Kumpels eine Art Spelunke. Merkwuerdig, ich kaufe zwei Snickers und eine Coke, die liebevoll in kleinen Saetzkaesten an der Wand angebracht sind und falle anschliessend die Leiter herunter. Noch im Fallen ruft mir Katja hinterher: „Free Fall, 20 Baht!“

Puenktlich zum Fruehstueck bin ich putzmunter. Katja hatte zwar auch einen ordentlichen Schlaf, musste sich jedoch etwas ueberwinden mitten in der Nacht vom Hochbett zu kraxeln um die Toiletten zu erreichen. Erst als der Drang zum Porzelan keinerlei Aufschub mehr zuliess ging es bergab. Kinderleichter Abstieg, das rettende Oertchen war direkt um die Ecke. Warum nicht gleich so, sie muss Stunden gewartet haben. Na wenigstens noch rechtzeitig.

Morgens lernten wir die unter uns naechtigenden Mitfahrer kennen. Schon als wir ankamen waren beide die ersten die die Vorhaenge bis zum letzten Millimeter zugezogen hatten. Sehr freundlich. Jetzt, da das Fruehstueck serviert werden sollte, mussten wir das ganze etwas wacklig auf dem Hochbett zelibrieren. Die Tische unter uns waren noch nicht bereit. Von meiner Seite aus konnte ich den 200 Jahre alten Knochen unter Katjas Koje gut erkennen. Chinesin, wie sich spaeter heraus stellt. Der erste Blick verriet auf anhieb: Mit diesem Besen ist nicht gut Kirschen essen. Ruhig und gelassen blieb sie auf dem Bett bis auch der letzte Schafner, Hiewi und Ticketkontrolleur sie drauf aufmerksam gemacht hatte den Platz zu raumen. Als hatten wir das alles zu verschulden, quittierte sie uns anschliessend mit besonders schlitzigen Blicken. Die Kollegin unter mir, mindestens genauso alt, aus Thailand, dafuer aber wesentlich netter wollte unter keinen Umstaenden mit der Dame aus China die Plaetze tauschen. Gott sei dank hatte das Ringelein nach 15 Minuten ein Ende. Der Hauptbahnhof in Chiang Mai kam in Sicht.

Kaum ausgestiegen uebberannte uns auch schon der Fahrer vom Guesthouse. „Mrs und Mr. Jens“ stand auf dem Schild. „Honeymoon Sir?“ Na, fast. Das schmeichelt.

Im Hostel angekommen sind wir restlos begeistert. Eigener Pool, Internet gleich um die Ecke, ein sauberes Zimmer und das beste: heisses Wasser. Ich betone: heisses Wasser! In Thailand. Eine Seltenheit. Trotz 32 Grad am Tag koennen die Naechte hier ordentlich kalt werden, sich dann morgens um 8 mit Eiswasser zu duschen macht zwar hart, aber nicht knusprig. Jesses, sowas will genutzt werden! Da unsere Trecking Tour erst morgen beginnt vertreiben wir uns den Tag in der Stadt. Der zweit groessten Thailands, umgeben von einem absolut quadratischen Wassergraben (natuerlich nur die Altstadt).

Nachmittags versuche ich mehrmals in einem Internetcafe den Blog auf Vordermann zu bringen, scheitere aber klaeglich. „Verbindung getrennt…“ Die 90 jaehrige die den Laden fuer ihren Sohn ueberwacht hat natuerlich keine Ahnung warum, was und weshalb hier nicht so funktioniert wie es soll. Ein nettes Laecheln muss genuegen. Englisch versteht sie leider nicht. Ich hoffe auf Besserung der Technik und kaufe noch weitere Tickets. Alles Finten. Je nach Wetterlage wird die Verbindung mal nach etwas mehr, mal nach etwas weniger Minuten getrennt. Logik nicht auszumachen.

Dafuer kommt draussen auf der Veranda Katja ueber ihre hervorragende und heissbegehrte Blaese mit der Oma ist Gespraech. Blaesse Tipps sind hier heiss begehrt.

Abends lernen wir Nicolas kennen. Franzose, seit ueber einem Jahr auf Tour. 9 Monate davon in Neuseeland als Erntehelfer. Er ist so wie wir ein absoluter Filmnarr und so kommen wir schnell ins Gespraech. Das Bier schmeckt heute wieder besonders gut.

So, noch fix den Rucksack fuer die kommenden 3 Tage gepackt und schon kann es losgehen. Eine kleine Touristenneppgeschichte darf aber auch heute nicht fehlen: Gerade als wir vom Bahnhof ankamen, hielt uns ein Tai mehrere Flyer unter die Nase. „Seidendorf, Seidendorf, ganz gut. Sir. Seidendorf!“ Den Hinweis, das wir bereits eine Tour in die Berge unternehmen und erst in 4 Tagen wieder im Gaestehaus sein werden ueberhoert er fleissig. „Aber Sir, macht nichts, geht auch so. Ganz schnell, ganz schnell. Sir! Seidendorf. 20 Baht, 20 Baht… “ Ich warte darauf das er uns weiss machen will, dass die Berge geschlossen haben, weil der Koenig Geburtstag hat. Wir versprechen ihm uns die Sache nochmal zu ueberlegen und schmeissen die Flyer ein Stockwerk weiter oben in den Muell.

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