Monatliche Archive: Oktober 2006

Na also. Geht doch. Bei Tageslicht macht die Gegend hier gleich einen viel freundlicheren Eindruck. Michi will trotzdem nicht laenger als noetig hier verweilen. Vielleicht lag es auch am Fruehstueck. Hier gibt es naemlich keine Broetchen, sondern eher so etwas wie aufgeplusterte Oriokekse. Der Kaffee ist so stark das ich wieder schleunigst auf der Toilette verschwinde.

Vor dem Fenster, aus dem ich hier in der Lobby lunze, fahren Autos vorbei, fuer die man bei uns in Deutschland ein Vermoegen hinblaettern wuerde. Teilweise noch richtige Liebhaberstueckchen. Manche tadellos erhalten, meistens besteht die Karrosserie jedoch nur noch aus Rost und Spachtelmasse, was dem Charm dieser rollenden Geschichtsbuecher aber keinen Abbruch tut. Gerade faehrt Catweasle auf seinem Fahrrad an mir vorbei. Sein Ruecken ist so krum, als ob er schon seit seiner fruehstens Kindheit mit dem mittlerweile viel zu kleinen Drahtesel verwachsen sei. Ich frage mich wie er wohl aussieht, wenn er gehen muss.

Endlich, Matias huscht unter dem Fenster des Hostels hindurch. Ich hoffe das die zwei Immodium Akut meinen Magendarmtrakt wieder etwas beruhigen koennen. Im Bus gab es gestern Abend dicke Bohnen, Reis und Ei. Michi hat schlauerweise auf alles verzichtet. Ich haette den Reis besser auch uebersprungen. Ich halte es gerade mal fuer 4 Minuten an der Tastertur aus und schon kann ich wieder flitzen. Seit einer Stunde hab ich aber wieder Ruhe im Kontor und bin der Fahrt gegenueber sehr zuversichtlich. Ob die Amerikanerin den heutigen Tage wohl auch nur auf der Toilette verbaucht hat? Immerhin hat sie die ganze kalte Platte in weniger als 4 Minuten verputzt.

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Ciao San Pedro de Atacama. Ciao Donaldo, Robi, Uwe, Susanne und Macarena! Ciao Susi, die staubige Hauskatze!

Ein ganz besonderes Ciao geht natuerlich an Bastel. Unsere trierer Enklave, die wir leider mit schwerem Herzen zurueck lassen mussten. Bis zuletzt haben Michi und ich drauf gehofft, dass er uns mit nach Argentinien begleiten wuerde, da ihm der organisatorische Stress in den letzten paar Tagen ziemlich zugesetzt hatte.

Das nicht funktionierende Bad, das abgestellte Wasser, die ratlosen Handwerker, die unlogische Endabrechnung. All das nagt ordentlich an seinem Gewissen. Am Abend zuvor hat er uns die Rechnungszusammenstellung mit Engelszungen zu verstehen gegeben. Versteckte Posten, zusaetzliche Leistungen, wir waren schon etwas ueberrascht. Natuerlich ist Sebastian nicht der Richtige um unseren Aerger gehoerig Luft zu machen. Die eigentlichen Besitzer des Hostels, die auch die Rechnung frisiert haben, sind natuerlich nicht da. Wie so oft in den letzten Tagen.

Die chaotische Organisation musste auch der Handwerker ertragen, der eigentlich bestellt wurde um das Wasserproblem unter Kontrolle zu bekommen. Wir beobachten ihn wie er den ganzen Tag planlos und ohne jegliche Anweisungen an der Huette herumwerkelt. Gegen Abend steht er wie ein Staubteufel, fluchend und abgekaempft in der Tuer und lasst auf spanisch seinem Unmut freien Lauf. Auch ohne Uebersetzung verstehen wir jedes Wort, seine Gestik und Mimik lassen keine andere Interpretationsmoeglichkeit zu. Ich reime mir folgenden Wortlaut zusammen: „Da ruppe ich von Morgens bis Abends hier die Wand auf, arbeite mich dumm und daemlich und bekomme dafuer nicht einmal einen feuchten Haendedruck. Wo ist hier der Verantwortliche? Morgen bin ich das letzte Mal hier und wenn ich dann immer noch nicht wissen sollte was hier Sache ist, reisse ich die restliche Wasserapperatur auch noch aus der Wand!“ Sprachs und ging staubend von dannen.

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Welcome back to dogtown! Da wir heute vorhaben den letzten gemeinsamen Tag etwas ruhiger angehen zu lassen, werde ich noch ein paar Anekdoten zum besten geben, die ich bisher in San Pedro vergessen habe.

Zuerst, diese Stadt wird von Hunden beherrscht. Vollkommen und ohne Zweifel. Hier rennen pro Einwohner bestimmt mehr Hunde durch die Gegend als in Irland Schafe. Jeder Hund ist hier ein echtes Original. Sie rennen staendig, scheinbar wohlgeplante Wegpunkte ab, flannieren wie die Creme de la Creme aus Monaco durch die Strassen und betreten wie es ihnen passt jedes Haus und jede Bar. Wir dachten schon es handelt sich um die tierische Version von Schutzgelderpressung. Nach nunmehr 5 Tagen in San Pedro haben wir fuer die auffaelligsten Vertreter ihrer Gattung aussagekraeftige Namen gefunden. „Stolper Klaus“, „der Postbote“, „Karl Jupp“, „der General“, die Liste waere endlos. Jede Nacht puenktlich um halb 9, kurz vor Sonnenuntergang, schallt das Geheule durch die ganze Stadt. Sie rufen offenbar zur Versammlung oder zum Geldzaehlen, man kann nie wissen.

Eine andere Geschichte ist Michis Bartwuchs. Er hat bereits zwei Klingen abgebrochen und kann seinen staendig wachsenden Urwald kaum baendigen. Es muss in den naechsten Tagen unbedingt etwas benzinbetriebes her, sonst sehe ich schwarz. Wir machen uns mittlerweile ersthaft Sorgen um unsere Ausreise. Mein Bartwuchs ist da etwas pflegeleichter. Alles wie immer. Sieht aus die die Landkarte von Ozeaninien. Ach was solls, sieht doch ganz nett aus. Fuer den ein oder anderen Lacher am Flughafen wird es schon reichen.

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Welcher Belzebub hat mich eigentlich dazu ueberedet mit dem Fahrrad eine 20 km lange Tour durch die trockenste Wueste dieser Welt mitzumachen? Ach das war ich ganz alleine? Na wunderbar!

Wir stehen schon um 8:30 zeitig auf der Matte und fruehstuecken ausgiebig. Letzte Nacht hatte ich wieder einen merkwuerdigen Traum. Ich stand auf der Bruecke aus „Indiana Jones: The temple of doom“ und ueberpruefte deren Trittfestigkeit. Drehbuchgerecht krache ich natuerlich ein und bleibe mit meinem Hintern im Spalt haengen. Auf der anderen Seite der Schlucht riefen mir Sebastian und Michi entgegen, dass ich mich etwas beeilen sollte. Die Sonne wuerde schliesslich gleich aufgehen. Just in diesem Moment wache ich auf, eingekeilt mit meinem allerwertesten zwischen Wand und Hochbett. Gott sei dank hat Michi meinen Mond nicht aufgehen sehen. Fuer starke psychische Schaeden bin ich nicht versichert.

Da noch etwas Zeit ist ueberpruefe ich meinen Sonnenschutz und entscheide mich am Ende doch lieber fuer das lange Beinkleid. Meine in Buenos Aires vergessene Sonnenbrille wuerde mir gegen den staubigen Fahrtwind bestimmt gute Dienste leisten, da hier die Preise selbst fuer Billigimitationen exorbitant teuer sind verlasse ich mich auf meinen hart antrainierten Bud Spencer Schlitzaugenblick. Zwei Stunden werde ich damit wohl ueberbruecken koennen.

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Kann es wahr sein? 4:20? Noch frueher und ich bekomme junge Hunde. Wir haben uns kaum halbwegs elegant aus den Betten geschaelt, da steht auch schon ein total ledierter Sebastian in der Tuer. Seine Nacht war so schlecht und sein Schaedel nun so dick, dass er leider nicht fit genug fuer unsere heutige Tour ist. Juan wuerde sich auch ohne ihn gut um uns kuemmern. Mit der Verstaendigung werden wir schon irgendwie klar kommen. Als Juan uns ueberaus puenktlich mit dem Pickup abholt stelle ich erleichtert fest, dass er ganz passabel englisch spricht. Die ein oder andere Information werden wir nun doch noch mit eigener Kraft hervorkitzeln koennen.

Die Hinfahrt zu den Gysieren ist erwartungsgemaess ruhig und relaxt. Das Sandmaennchen hat bei jedem von uns eine ordentliche Ladung Schlafsand hinterlassen. Irgendwann nach 100 Kilometern querfeldein erreichen wir die Ticketstation. Ja, auch Naturschauspiele wollen bezahlt werden. Ich halte kurz meinen Gewuerzpruefer in die frische Luft und lasse mir von dem am Tickethaeuschen angebrachten Thermometer die erschnupperten -5 Grad optisch bestaetigen.

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Ein neues Land, eine weitere Zeitverschiebung, eine Stunde weniger auf unserem Konto. Da unsere biologische Uhr noch nach argentinischer Zeit tickt, sind wir alle Mann um eine Stunde zu frueh wach. Alle Mann bedeutet in diesem Falle: Michi, Jens und Uwe, ein unverheirateter, um die 40 Jahre alter Bremer, der fuer die British Airways arbeitet. Er ist wirklich ein netter Kerl, vielleicht etwas zu redseelig, aber ansonsten eine echte Marke. Er hatte noch keine Bleibe also haben wir ihn einfach bei uns einquartiert.

Umgeben von mehreren 6000ern geniessen wir im Innenhof des Hostels ein sehr ausgiebiges Fruehstueck und planen zusammen mit Sebastian unsere Route fuer die kommenden zwei Tage. Fuer den heutigen Tag lassen wir uns ohne groessere Gegenwehr fuer einen Trip mit dem Jeep zu dem Valle de la Luna uberreden. Morgen stehen dann die Gysiere auf dem Plan. Allerdings muessen wir schon um 5 Uhr morgens weg, da die Gysiere nur in den fruehen Morgenstunden besonders schoen anzusehen sind.

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05:45 Uhr. Ohne Worte. Stoisch ziehen wir uns an und machen uns so schnell es nur geht auf die Socken. Das Fruehstueck faellt heute etwas duerftiger aus und auf die Dusche haben wir aus Zeitgruenden natuerlich auch verzichtet. Den obligatorischen Liter Wasser fuer jeden von uns haben wir bei der ganzen Hetze leider vergessen. Dabei heisst es doch immer so schoen: Trinken, trinken, trinken! Das wird eine besonders durstige zehnstuendige Busfahrt.

Wir verabschieden uns ausgiebig von Matias. Wir sehen uns wieder in Jujuy! Die kommenden 5 Tage werden garantiert nur so an uns vorbeifliegen. Matias weicht nicht von unserer Seite bis unser Vehikel das Terminal verlassen hat. Er ist und bleibt Papa Mati.

Unsere Busmannschaft ist der reinste Schnitzelexpress. Mit dabei ist auch wieder der ein oder andere Teilnehmer fuer den immernoch andauernden argentinischen Look-A-Like Contest. So z.B. ein Norweger der Herbert Groenemeyer zu seinen besten „Das Boot“ Tagen gleicht und dem Bremer Uwe. Er gleicht bis auf einem Sicherheitsabstand von 1 1/2 Metern unserem Olli, dem Kahn. Oliver Kahn.

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Ah, ein neuer Tag, ein neues Glueck. Die defekte Klospuelung und die vorsinnflutliche Dusche klammere ich ersteinmal grosszuegig aus. Dank der doppelten Dosis an Fusspuder von Matias brauche ich mir heute auch keine Sorgen wegen Fusspilz zu machen. Bei dieser Dusche? Im Leben nicht.

Heute steht das 160 km lange Teilstueck von Cachi nach Salta auf unserem Tourplan. Im Gegensatz zu den 150 km uebelster Schotterpiste im Calchaquital sind es heute nur 60 radmutterfreundliche Schotterkilometer quer durch das Lermatal.

Am Abend zuvor hatte ich Matias noch hoch und heilig versprochen in der oertlichen Bibliothek einen uralten Atlas von Tucuman ausfindig zu machen. Die dort abgedruckten Karten sind von 1890 und enthalten zudem ein paar wirklich seltene Perlen seiner Heimatstadt. Er muss davon unbedingt ein paar Fotos haben. Egal wie schlecht das Licht in der Bibliothek auch sein mag.

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„Es ist Zeit aufzustehen. Die Zeit ist 9:00.“ schallt es auf spanisch aus dem Handy von Matias. Kurz darauf Stimmen auch meine besoffenen Piraten aus der Karibik ihr Klagelied an.

Meine Herren! Habe ich einen Mist getraeumt! Stephen Hawkins hat uns in Buenos Aires als Taxifahrer zu seiner eigenen Buchlesung von „Das Universum in einer Nusschale“ chaufiert. Dort angekommen habe ich natuerlich prompt meinen Rucksack verloren. Michi war traumtechnisch gesehen auch nicht viel besser dran. In seinem Gehirnkino haben wir eine Frau aus dem nur huefthohen Pool vor unserem Hostel vor dem Ertrinken gerettet. Diese bedankte sich dann allerdings nicht bei uns, sondern bei ein paar dahergelaufenen Gringos, die am Beckenrand herumlungerten. Anschliessend haben uns zwei Dobermaenner quer durch Cachi gejagt.

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Verkleinerungen. Wir haben 9:45 und warten startbereit auf Matias. Da er unser Treffen um 9:00 aber anscheinend etwas verschlafen hat, wollte ich noch kurz eine kleine Anektode ueber die argentinische Sprache notieren.

Es ist hier besondere, sprachliche Eigenart einfach alles und jeden zu verkleinern. Das wird besonders im hier im Norden soweit auf die Spitze getrieben, das es in benachbarten Laendern und Provinzen als Running Gag angesehen wird. Ein junges Meadchen ist hier z.B. ein Maedchelchen, eine Chicita. Noch juenger waere sie dann eine Chicitita. Das funktioniert mit allen andern Woertern und wird auch staendig angewand. Ein weiteres Beispiel: Es wird ein Bierchelchen bestellt, dazu Broetchelchen und ein Schnitzelchen und anschliessend gibt es in dem Kneipchen nebenan noch ein Eischen.

Auf meine Frage ob ich auf die Art auch auf Spanisch fluchen koennte bekam ich von Matias den offiziellen Grammatiksegen. „Darf ich dir mit meinem Fuesselchen in dein Hinterchen treten?“ ist also erlaubt. Was fuer eine Sprache.

Oh Matias ist da, er musste gestern Abend seiner Freundin noch etwas mit der Buchhaltung helfen. Nicht das was ihr jetzt denken moegt, ich glaube ihm natuerlich aufs Wort! Jetzt noch fix seinen Rucksack besorgen, das Auto von der Vermietung abgeholt und schon kann es losgehen. Michi macht einen letzten Angstbach.

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