San Pedro de Atacama, 11.10.06

Welcher Belzebub hat mich eigentlich dazu ueberedet mit dem Fahrrad eine 20 km lange Tour durch die trockenste Wueste dieser Welt mitzumachen? Ach das war ich ganz alleine? Na wunderbar!

Wir stehen schon um 8:30 zeitig auf der Matte und fruehstuecken ausgiebig. Letzte Nacht hatte ich wieder einen merkwuerdigen Traum. Ich stand auf der Bruecke aus „Indiana Jones: The temple of doom“ und ueberpruefte deren Trittfestigkeit. Drehbuchgerecht krache ich natuerlich ein und bleibe mit meinem Hintern im Spalt haengen. Auf der anderen Seite der Schlucht riefen mir Sebastian und Michi entgegen, dass ich mich etwas beeilen sollte. Die Sonne wuerde schliesslich gleich aufgehen. Just in diesem Moment wache ich auf, eingekeilt mit meinem allerwertesten zwischen Wand und Hochbett. Gott sei dank hat Michi meinen Mond nicht aufgehen sehen. Fuer starke psychische Schaeden bin ich nicht versichert.

Da noch etwas Zeit ist ueberpruefe ich meinen Sonnenschutz und entscheide mich am Ende doch lieber fuer das lange Beinkleid. Meine in Buenos Aires vergessene Sonnenbrille wuerde mir gegen den staubigen Fahrtwind bestimmt gute Dienste leisten, da hier die Preise selbst fuer Billigimitationen exorbitant teuer sind verlasse ich mich auf meinen hart antrainierten Bud Spencer Schlitzaugenblick. Zwei Stunden werde ich damit wohl ueberbruecken koennen.

Gerade als wir aufbrechen wollten, stellt Seb fest, dass nun auch noch das Reservefahrrad einen Platten hat. Eben jenes weches er und Dagoberto in einer Nacht und Nebelaktion gestern abend noch besorgt haben. Gott sei dank haben beide Drahtesel einen Schnellverschluss. Michi tauscht einfach den defekten Reifen mit dem uebriggebliebenen Rest von Fahrrad Nummero 1 und schon haben wir ein komplett funktionstuechtiges Vehikel. Im Ort schickt Michi noch schnell seine liebvoll geschriebenen Postkarten auf die Reise, ein kraeftiger Tritt in die Pedale und wir sind mitten in der Atacamawueste.

Wir kommen erstaunlich gut vorran, die Stellen mit dem tiefen, feinen Sand verfluche ich allerdings jetzt noch. Es kostet unmengen Schmackes aus diesen Geschwindigkeitsfressern wieder an Fahrt zu gewinnen. Auf der Haelfte des Weges verabschiedet sich die Gangschaltung von Sebastian. Na immerhin ist das Teil in den mittleren Gaengen haenngen geblieben. Die restlichen 10 Kilometern sollten zu schaffen sein. Bastel ist zaeh, 2600 Meter Hoehe sind allerdings auch diesmal kein Zuckerschlecken.

Da wir auf den Rueckweg schon waehrend der Planung verzichtet haben, sehen wir mit Freude wie uns Juan mit dem Pickup ueberholt. Er wartet am Ziel auf uns und wird uns nachher wieder mit zurueck nehmen. Was fuer ein Goldjunge!

Ah, in der Ferne koennen wir schon die zwei Lagunen erkennen. Sie leuchten in einem tiefen arzurblau und einem giftigen gruen. Beide enthalten Salz- und Suesswasser, die optisch messerscharf voneinander abgetrennt sind. Ausserdem ist die Wassertiefe in der rechten Lagune an manchen Stellen so niedrig, dass man im Grunde genommen einmal wie Jesus quer durch die Lagune laufen koennte.

Vor der Lagune wartet in bruetender Hitze ein einsamer Ticketverkaeufer auf Kundschaft. Wir zahlen die 3500 Pesos und schlendern den „Strand“ entlang. Sebastian gibt uns noch ein paar Informationen mit auf dem Weg und erteilt uns endlich gruenes Licht zum planschen. Das Wasser hat ungefaehr Maartemperatur, also angenehm kuehl. Stellt man sich aber im Wasser kerzengerade hin und versucht mit den Fuessen die untere Suesswasserschicht zu erreichen, glaubt man sich fast zu verbruehen. Der Temperaturunterschied ist einfach zu gross. Untergehen kann man uebrigens auch nicht. Der Effekt ist der selbe wie im toten Meer. Jetzt kommt auch Sebastian zu uns ins Wasser und Juan reicht jedem von uns dekandenterweise ein Glas Rotwein. Surrealer geht es nicht. Eben noch 20 Kilometer quer durch die Wueste geradelt und jetzt schwimme ich hier in einer wunderschoenen Lagune mit einem Glas Rotwein in der Hand. Merkwuerdig.

Nach 15 Minuten ist es den meisten von uns zu kalt und wir huepfen wieder an Land, um noch ein wenig die Sonne in dieser traumhaften Kulisse zu geniessen. Besonders Michi macht davon ausgiebig gebrauch. Vielleicht ein wenig zu viel, als wir am Abend unsere gute Abend Milch schluerfen hat er sich ordentlich verblitzt. Na, das braeunt nach! Morgen machen wir noch eine Radtour. Ich bin dabei! Trotz Killersonneneinstrahlung hatten wir alle einen heiden Spass. Der Umtrunk im Ort ging zur Feier des Tages auf die Kappe von Dagoberto und Sebastian.

Bastel teilt uns mit das es ein kleineres Problem mit dem Bad gaebe und das es fuer die naechsten Tage wohl gesperrt ist. Wir sollen ersteinmal auf ein kleineres Gaesteklo im Nachbarhaus ausweichen.

Um 1 Uhr nachts werden wir aus der Kneipe geschmissen. Sperrstunde. Extra fuer die Touristen. Die sollen schliesslich am anderen Morgen fit genug fuer die Touren sein.

So, ich hau mich jetzt auch hin. Uwes freundlicherweise spendierte Stirnlampe ermoeglicht es mir wenigstens halbwegs elegant auf dem Hochbett das Tagebuch weiterzuschreiben. Der Lichtschalter ist am Ende vom Zimmer, ich will ja Uwe und Michi nicht nerven. Ich ueberpruefe also in der Regel im dunkeln die Fotos und schreibe beim Handyschein meine Bandwurmsaetze. Gestern abend habe ich bei voelliger Dunkelheit bestimmt 5 Minuten gegruebelt wie ich wieder vom Hochbett herunterkommen soll ohne mir alle Graeten zu brechen. Auf dem Boden liegt schliesslich kreuz und quer verstreut unser ganzes Gemoeter.

Ich konnte aber auch schlecht mit der Spiegelreflex, den Akkus, dem Notizbuch, dem Handy und dem Lonely Planet unter dem Kopfkissen die Nacht verbringen. Meine Verrenkungsversuche das Bett moeglichst leise zu verlassen muessen bei Tageslicht Lachkraempfe ausgeloest haben. Wieder oben angekommen stelle ich fuer die Jungs noch schnell den Wecker. Ah… einen SMS von Katja. Seelig Grinsend schlummere ich hinueber ins Land der Traeume. Ich bin mir sicher Michi und Uwe bekommen auch ihre Waeche wieder, gebuegelt und gefaltet. Alles wird gut!

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