Im Bus nach Buenos Aires, 24.10.06

Wir sind nicht mehr alleine. Just in diesem Moment erwache ich irgendwo auf der Busstrecke nach Buenos Aires und stelle fest das endlich ein paar Fahrgaeste hinzugestiegen sind.

Als wir Iguazu in unseren 5 Sterne, super komfort Liegesesseln verliessen, hatten wir das ganze untere Busabteil noch fuer uns alleine. Alle 15 Minuten kam ein Steward und erkundigte sich nach unserem Wohlbefinden. Im Fernsehen servierte man uns 3 Stunden lang selbstkopierte Videoclips aus den fiesesten MTV Zeiten. Die Siebziger und Achtziger bis zum Stammhirnkollaps. Als der dritte Song von Modern Talking laeuft koennen wir uns vor Lachen kaum noch halten.

Auch der Hauptfilm „The breakup“ macht einen grundsoliden Eindruck. Nun gut, mit Vince Vaughn und Jennifer Aniston kann man eigentlich nichts falsch machen. Spaeter zeigte man uns noch eine liebevoll von der Leinwand abgefilmte Raubkopie von „The descent“, die magenfreundlichsten Szenen punktgenau abgesprochen mit dem Abendessen. Anschliessend gab es noch ein verschollen geglaubtes Meisterwerk von Jackie Chan. Allerdings auf Mandarin mit spanischen Untertiteln. Egal, Jackie Chan Filme versteht man auch so.

Da Iguazu nun mit etwas Abstand hinter uns liegt, kann ich aus Ueberzeugung sagen, dass 4 Tage absolut ausreichend sind. Wir waren mit David, Hannah und Hugh wirklich in guter Gesellschaft, aber irgendwann schleicht sich leise und verstohlen eine gewisse, verklaerte „The Beach“ Romantik ein.

Man fuehrt zwar vermeidlich tiefgreifende Diskusionen ueber so ziemlich jedes Thema, tauscht Neuigkeiten und Informationen mit anderen Reisenden aus, aber irgendwie hatte zumindestens ich das Gefuehl in einer Art Zeitschleife festzustecken. Insbesondere wenn ich noch etwas laenger an diesem Ort bleiben wuerde. Es schien als wuerde man irgendwann spaeter in einem anderen Hostel mit den selben Leute, die selben Gespraeche fuehren und man haette doch nichts neues zu erzaehlen. Immer nur, wie lange bist du schon unterwegs, wo kommst du her, wo geht es hin. Wie finanzierst du das alles, hast du einen Job, bist du Student. Am besten man druckt fuer solche Gelegeheiten T-Shirts auf denen schon alle Antworten aufgeschrieben sind. Als Anrufbeantworter tauge ich auf jeden Fall reichlich wenig.

Ich frage mich wie es Reisenden geht, die sich die ganze Zeit ueber bevorzugt an solchen Orten aufhalten. Ich bin froh das wir Iguazu an den Schluss unserer Reise gelegt haben. Als entspannter, netter Abschluss mag es genau das richtige sein. Aber am Anfang haetten wir unsere Antennen voellig falsch auf Argentinien kalibriert.

Ich kann gut verstehen warum manche Traveller an solchen Orten einfach stranden und ihre Zeit dahin plaetschern lassen. Im Grunde denken sie alle das gleiche. Ich bin frei und kann tun und lassen was ich will. Im Endeffekt sind sie aber noch schlechter dran als der gemeine All-Inclusive-Tourist, da sie irgendwo auf ihrem Selbstfindungstrip ihren eigenen Antrieb und den Willen das Land entdecken zu wollen verloren haben. Wenn ich hoeren muss das jemand der fuer ein Jahr in der Welt unterwegs ist und keine Ahnung hat wo er in den naechsten Wochen ueberhaupt hin will, egal ob Patagonien oder rauf in den Norden, dann vergeudet er einfach nur auf sehr hohem Niveau meine Zeit. Okay, man soll nichts ueberhasten und lieber mit Ruhe und Muse reisen, aber die Zeit soweit zu entschleunigen das man beim zusehen schon einen Bart bekommt ist nicht mein Ding. Ich brauche ein Ziel, einen Sinn. Ohne geht es einfach nicht.

Ich bin mit unseren 4 Wochen ueberaus zufrieden. Ich habe viel ueber Land und Leute gelernt, ueber Eigenheiten und verquere Ansichten. Noch mehr habe ich allerdings ueber mich selbst erfahren. 4 Wochen moegen zu kurz sein um so ein riesiges Land wie Argentinien zu bereisen, aber es ist genuegend Zeit um ausgiebig herauszufinden was man will, wie mann hoffentlich nie sein wird und ob das eigene Weltbild etwas taugt. Ich bin zufrieden mit meinem kleinen, liebevoll gezimmerten Eifelschneckenhaus. Ich werde hoffentlich noch eine Weile meine Fuehler in die Welt ausstrecken koennen, aber vorerst bin ich froh das es wieder nach Hause geht.

Falls ich morgen nicht mehr dazu kommen sollte etwas in mein Notizbuch zu zimmern bedanke ich mich hier auch im Namen von Michi bei der eisernen, treuen Leserschaft zu Hause, in Argentinien und der kleinen Enklave in Chile. Ich hoffe meine Bandwurmsaetze sind nicht allzuschlimm geraten, aber ich habe nichts nachtraeglich korrigiert oder begradigt. Die Eintraege kamen so zu Papier, wie es die jeweilige Situation gerade erlaubte. Egal ob Wueste, Gysierfeld oder mit Magenkraempfen auf dem Hochbett. Der Kulli musste in Bewegung bleiben. Seit ein paar Tagen sind Michi und ich uns einig was die letzten Worte im Blog sein sollten und da ich die ganz romantischen Zeilen lieber meiner besseren Haelfte zuhause ins Ohr fluester, gehoeren die letzten Zeilen natuerlich einem Zitat aus dem Weltbestseller „Die linke und die rechte Hand des Teufels“, also quasi mir und Michi.

„Meine Herren. Moechten Sie abschliessen? –
Jup… wir schliessen ab.“

2 kommentare

„……ich bin der Soßenteufel…..!“

Und ich bedanke mich, das wir an euren Abenteuern am anderen Ende der Welt teilhaben durften.
So farbenfroh und detailiert und trotzdem mit einem persönlichen Blickwinkel versehen war es wirklich eine klasse Sache.
Ihr habt mir damit meinen tristen Alltag sehr verschönert und mein erster Handgriff im Büro war immer euer Blog aufzurufen…..ich war schon ganz enttäuscht, wenn mal drei Tage nix neues kam.

Aber irgendwann geht auch die schönste Reise zu Ende irgendwie ists zu Hause doch auch ganz schön, oder?? Freue mich drauf euch zwei mal wieder heimzusuchen, wenn ich mal wieder in der Gegend bin…..

„….und jetzt gibts was mit der groben Kelle….“

Achim

Yoaahhhhh!

Ich mache mich jetzt auch auf die lange und beschwerliche Reise nach Koblenz, zur Marina.

Bis bald in Frankfurt!

Grüße und Küsse!

Katja

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